Atelier – Spirit: Bist du auch so zum Nähen lernen gestartet?

Atelier – Spirit: Bist du auch so zum Nähen lernen gestartet?

„Neulich im Supermarkt,

da habe ich eine Nähmaschine gesehen, die war gar nicht teuer und hab sie einfach gekauft. Ich werde jetzt Nähen lernen! 

Großartig, da habe ich ein schönes Schnäppchen gemacht und kann damit erstmal schauen, ob Nähen lernen überhaupt was für mich ist.

Ach und ich habe schon Nähmaschinen gesehen, die haben über 500,00€ gekostet, schön blöd von denen, die sich so teure Nähmaschinen kaufen. Ich will ja auch erstmal nur ausprobieren und dann sehe ich weiter.

Ich bin ja kreativ, da fällt mir schon was ein. Ich habe schon immer gern gebastelt.

Die packe ich am Wochenende mal aus und leg los. Meine Oma hat auch immer genäht, da habe ich früher immer zugeschaut.

Was nähe ich den am Besten? Ich will ja auch gleich etwas davon haben und vielleicht kann ich ja das neue Teil, gleich morgen anziehen. Ein Shirt wäre toll, oder ein Kleid zu der Hochzeit, zu der ich in 4 Wochen eingeladen bin.

So oder so ähnlich erlebe ich es oft.

Wenn das dann wider Erwarten nicht so geklappt hat, kommt die nächste Aussage.

Ich glaube Nähen ist nichts für mich. Die Maschine ist läuft nicht richtig. Immer wenn ich anfangen will, klemmt erstmal alles.

Muss ich da was beachten?  Manchmal klappt es ganz gut, aber eigentlich weiß ich nie, warum es an anderen Tagen nicht so klappt.

Kommen dir diese Sätze auch bekannt vor?

Findest du das überspitzt? Ja, das kann sein, aber im Einzelnen habe ich diese Aussagen schon im Atelier gehört.

Ein gut gemeintes Geschenk oder das stolze Schnäppchen erweisen sich schnell tückisches Teil, das einfach nicht funktionieren will. Das ist allerdings auch nichts Neues und gilt nicht nur für Nähmaschinen.

Mehr zum Kauf deiner ersten Nähmaschine kannst du hier lesen. Aber bitte, lies diesen Artikel erst zu Ende, kann nichts Schaden. 

Vor dem Nähen lernen könntest du dir aber auch einige Fragen stellen, was Nähen für dich bedeuten kann und gehst dann vielleicht auch den Nähmaschinen-einkauf etwas anders an. 

  • Warum willst du eigentlich Nähen lernen?

  • Warum solltest du überhaupt nähen lernen.

  • Was du NICHT vom Nähen erwarten kannst!

  • Warum finde ich Nähen so toll?

  • Was begeistert mich daran, das Nähen weiterzugeben?

  • Was ist das Schöne am Nähen?

  • Wird man es irgendwann richtig können?

Frauen tun es schon immer, zusammensitzen und nähen.

Die eigene Kreativität, abseits vom täglichen Pragmatismus, in die Handarbeit einfließen lassen.

Während ich diesen Artikel schreibe, muss ich an all die Frauen denken, die sich zum gemeinsamen Nähen getroffen haben. Da war es nicht egal, welchen Stoff, und war er noch so klein zum Einsatz gebracht wurde. Es wurden nicht nur praktische Patchworks genäht, zur Verarbeitung von Resten, um eine neue Decke zu haben, oder eine Jacke auszubessern. Nein, alles wurde mir viel Sorgfalt und Liebe ausgesucht.

Es beginnt mit der Stoffwahl, die erste kreative Entscheidung beim Nähstart. Dieses Stück oder lieber das Andere, zusammen mit welchen Stücken, sieht das besonders gut aus. Welche Stiche kann ich noch nehmen, da mit etwas Besonderes daraus wird.

Ich bin überzeugt, nähen ist eines unseres tiefen Erbes, von Frau zu Frau. Nähende Frauen lassen uns auch heute noch stehen bleiben, ein Blick auf das werfen, was dort entsteht. Den ja, immer entsteht etwas, das von Dauer ist.

Und das ist für mich das Schöne am Nähen, nach der Nähzeit kann ich auf etwas schauen, das ich geschaffen habe, auf das ich stolz sein kann.

Ja, nicht immer ist es schon so, dass es perfekt ist. Dann muss ich wieder auftrenne, oder den Plan insgesamt Ändern. Aber die Zeit, die ich beim Nähen mit mir oder anderen verbracht habe, ist ebenfalls ein großartiger Gewinn an Lebensqualität.

Weißt du, was DU vom Nähen erwartest?

Soll es einfach „nur“ ein praktisches Hobby sein, damit du deine Hosen selbst Ändern, deine Gardinen selbst Kürzen kannst und auch mal eine Naht am Shirt ordentlich reparieren kannst?

Das ist auf jeden Fall schon mal ein super Argument. Denn das Praktische war immer zuerst da, danach kommt die Kreativität, das Gestalten, das Träumen von großen selbstgenähten Projekten.

Ich bin froh, dass ich die Sachen meiner Kids reparieren konnte, mal einen Reißverschluss ausbessern konnte, das übliche, was so anfällt eben.

Aber ganz ehrlich, was ich hasse, sind die Stapel an Kleidungsstücken, die einem von der Familie so nett hingelegt werden und die zu reparieren sind. Das schiebe ich, wie wohl die meisten Frauen auch, gern vor mir her. Aber was soll, auch das gehört dazu.

Sitze ich dann aber doch irgendwann bei den Flickarbeiten an der Nähmaschine, kann ich wunderbar abschalten. Ich mache mir Gedanken darüber, wie ich die Sachen in Ordnung bringen kann, welches Material am besten dafür geeignet wäre und ganz schnell kommen Ideen, für eigene Projekte oder ich belohne mich gleich damit, noch eine Stunde ran zuhängen und an meinem Projekt weiterzuarbeiten, wo ich ja schon mal die Maschine rausgeholt habe.

Soll ich dir verraten, was du vom Nähen erwarten kannst?

Es ist DEINS.

Was meine ich damit, du bist mit einer Tätigkeit ausgefüllt, die vielen Respekt abverlangt, du kannst deinen Kopf mal in eine andere Richtung nutzen, nämlich kreativ und gestalterisch sein. Du musst dich vor niemandem rechtfertigen.

Nähen ist wie meditieren, denn du wirst erleben, deine Gedanken sind ganz auf das Projekt fokussiert, ohne dass du dabei Stress verspürst.

Eines musst du allerdings als erstes loslassen, und das ist Perfektionismus.

Du darfst keine Angst vor Fehlern beim Nähen haben. Denn es werden Fehler passieren, es dürfen Fehler passieren, schließlich ist es keine Herz-OP, oder?

Somit ist es auch eine kleine Lebensschule, die dir vielleicht auch im Alltag helfen kann, manche Dinge etwas gelassener zusehen.

Denn was kann im schlimmsten Fall beim Nähen, wirklich und ganz real passieren?

Beim Nähen können wir jede Naht wieder auftrennen, etwas noch mal neu zuschneiden und wenn ein Teil mal wirklich nichts geworden ist, dann speichern wir es als Lernobjekt in unserem Kopf ab. Kann passieren, ist gar nicht schlimm und passiert auch den Besten.

Was du nicht vom Nähen erwarten kannst

Nicht alle finden Nähen toll. Dein direktes Umfeld wird sich fragen, was plötzlich in dich gefahren ist, du hattest doch noch nie ein geschicktes Händchen mit Nadel und Faden.

Sie werden es merkwürdig finden, wenn du erzählst, dass du den Sonntag damit verbracht hast ein kniffliges Schnittmuster umzusetzen.  Das du 30 und mehr Blätter ausgedruckt hast um diese mühsam mit Klebestreifen, auf dem Fußboden rumturnend, zusammenzukleben, nur um die Bögen anschließend wieder auseinanderzuschneiden.

Manche werden dich für altbacken, langweilig oder unmodern halten. Uncool, kann auch eine Bezeichnung sein, die dich treffen kann. Lass sie reden, du bist trotz allem in guter Gesellschaft.

Das Nähen wird nie aussterben.

Dein Hobby, dein Ding, deine Erfolge!

Warum solltest du überhaupt Nähen lernen?

Tja, das praktische am Nähen haben wir ja vorhin schon besprochen. Das ist zwar ganz ordentlich und hilft dir deinen Haushalt in Ordnung zu halten, aber was wäre, wenn du eigene Wohnaccessoires nähen kannst, wenn du beginnst deine ersten Shirts zu nähen, in deinen Lieblingsfarben, mit deinen Lieblingsstoffen.

Nach dem Shirt kommt dann dein erstes einfaches Kleid aus Jersey und gleich danach ein schöner Sommerrock. So arbeitest du dich immer weiter in die Welt des Nähens ein und erfährst, was du alles lernen kannst. Andere werden dich auf deine ersten Projekte ansprechen, sobald du etwas Neues hast, mit der Frage überraschen, ob du das auch selbst genäht hast.

Kleidung nähen ist aber nur eine Facette des Arbeitens mit Stoff. Du kannst so viele andere Sachen kreieren. Taschen, Geschenke, Bilder, Patchwork, Quilts, Drucken, Textilkunst, Sticken mit der Nähmaschine und was dir noch so einfällt.

Meist weiß man am Anfang nicht, wohin der Weg einen führen wird.

Ich selbst hätte nie gedacht, dass Quilts mal einen großen Anteil meiner Nähliebe ausmachen werden. Über Patchwork und Quilts und bin ich dann zur Textilkunst und damit zu ganz freien Arbeiten mit Stoff gekommen. Neben Kleidung nähen ist das freie Arbeiten mit Stoff heute für mich eine Möglichkeit mich künstlerisch, ganz nach meiner Intention auszuleben. (Aber dazu ein anders Mal mehr)

Es gibt also gar kein Grund nach dem „Warum“ zu fragen, eher passt doch die Aussage „Warum nicht!“

Hast du Kinder? Wie fändest du es, ihnen ein Handwerk zu zeigen, das sie für ihr Leben nutzen können. Kochen lernen sie bei dir, das ist wichtig, aber Nähen ist wie die Kirsche auf der Sahne.

Wenn dein Kind also Spaß dran hat, dann habt ihr beide etwas, das ihr wunderbar miteinander teilen könnt. Wenn es aber nicht Nähen lernen möchte, was tatsächlich vorkommt, dann wird es zumindest sehr stolz darauf sein, selbstgenähte Sachen anzuziehen, sich mit einer Decke zudecken zu können, die du genäht hat. Eine besondere Tasche zu besitzen, die du genäht hast.

Und als nächstes wirst du nicht mehr die Frage hören, warum willst du Nähen lernen, sondern WIE hast du das genäht.

Warum finde ich Nähen so toll?

Ich habe das Nähen lehren auch noch zu meinem Beruf gemacht. Warum?

Weil ich es wirklich von Herzen mag, wenn die Kursteilnehmer erkennen, wie einfach die Nähmaschine zu bedienen ist, dass dies gar keine Hürde sein muss.

All die zauberhaften Erlebnisse, die ich immer wieder im Atelier haben darf, bestärken mich darin, dass das Nähen ein wichtiger Teil in unserem Leben sein kann, etwas, das man manchmal sucht, ein Hobby, ein Ausgleich zur Arbeit, etwas Erfüllendes, das mit Händen erschaffen werden kann.

Nähen ist etwas, das jeder lernen kann und das unendliche Möglichkeiten bietet.

In meinem Leben spielte das Nähen könne schon immer eine große Rolle. Meine Mutter hat für mich und meine Geschwister genäht, ich habe viele Stunden neben ihr an der Nähmaschine gesessen, einfach nur zugeschaut.

Später war ich in Nähkursen, in denen ich lange Jahre die Jüngste war, da sich meinen Freundinnen nicht so sehr dafür interessiert haben. Ich wollte es lernen, es war schon immer mein Ding.

Nein, ich kann keine ausgefallenen Kostüme für mich nähen, dass habe ich nie gelernt, aber ich kann tolle Decken nähen und ich liebe das freie Gestalten mit selbstgefärbten Stoffen, freies Nähen mit der Nähmaschine um Bilder damit entstehen zu lassen.

Ich kann kleine textile Arbeiten erschaffen, ich kann mir aber auch ein „Werk“ vornehmen, an dem ich vielleicht mehrere Monate sitze.  Es ist egal, es gehört mir, ich muss keinen Abgabetermin einhalten, ich darf es solange bearbeiten, wie ich möchte.

Ich darf anderen damit eine Freude bereiten, meine Arbeit weitergeben, die z.B. im Katharinen Stift in Biebrich als große Gemeinschaftsarbeiten in zwei Sälen es Heimes hängen.

Mit dieser Art des textilen Arbeitens, kann ich Bleibendes schaffen. Ein großes Glück für mich und auch für andere.

Nähen wird mich mein ganzes Leben weiter begleiten. Ich kann mir nicht vorstellen, irgendwann mal ohne Nähmaschine zu sein oder irgendeine Handarbeit zu machen.

Was ist das Schöne am Nähen?

Kreativ sein, etwas eigenes Machen. Ja, ich wiederhole mich, aber es ist in meinen Augen so elementar. Ich finde das Nähen kann einen so bereichernden Platz in unserem Leben einnehmen.

Im Atelier erlebe ich es, Frauen sitzen beieinander, kommen ins Gespräch, nehmen sofort einen gemeinsamen Faden auf. Übrigens ein Sprichwort, das sicher nicht von ungefähr kommt.

Da ist keine Missgunst, kein schräges Schauen auf das Stück, dass die andere näht. Da spüre ich Respekt und Wertschätzung für jede Arbeit, die gemacht wird. Da ist Freude, wenn die Nachbarin eine knifflige Stelle geschafft hat, eine Lösung für ein Problem gefunden wurde.

Alle Näherinnen wissen, dass es nie das wirklich perfekte Stück gibt, es nicht immer auch noch besser gemacht werden könnte. Jedes Stück ist immer das erste neue Stück.

Selbst wenn man schon lange näht und einem schon viele Dinge gelungen sind, es gibt immer wieder den Moment, des Aufmachens, nochmal neu probieren und sich damit einverstanden erklären, dass es dieses Mal genau so richtig ist, wie es ist.

Wird man es irgendwann richtig können?

Wohl nicht, denn es ist ein Handwerk, das so viele Kniffe kennt, Herausforderungen an Material und Schnitt in sich trägt, dass wir wohl nie alles können werden.

Macht das was? Ich denke nein, so haben wir unsere liebevollen Herausforderungen, die wir lösen werden, manchmal toll, manchmal irgendwie und manchmal werfen wir das Stück in die Ecke und warten auf eine Idee oder Eingebung das Projekt doch noch fertig zu machen.

Und ich gebe es zu, manchmal verschwindet ein Teil, dass so richtig schiefgelaufen ist, auch bei mir einfach auf nimmer Wiedersehen. Man muss auch abhaken können.

Interessante Lernaspekte sind ja auch die neuen Stoffmaterialien, die uns die Industrie beschert, da könne wir uns ganz neue Dimensionen ERNÄHEN.

Warum nicht, wir können nur dazu lernen und es in unserem Erfahrungsspeicher ablegen.

Es wird also nie ein Ende geben, nie Perfekt sein und doch immer unser sein und weitergehen.

Nähen können, etwas aus eigenem Antrieb zu schaffen ist ein wichtiger Anker in unserem Leben. Er gibt Selbstvertrauen, schenkt uns Anerkennung von Mitmenschen und lässt uns stolz auf uns selbst sein.

Das sind meine Gedanken zum Nähen, die ich gern mal mit dir teilen wollte.

Ja, für mich ist es mehr als nur ein Handwerk.

Wie siehst du es? Welchen Gedanken begleiten dich beim Nähen? Welche Erinnerungen verbindest du mit dem Nähen?