Atelier-Journal: Erzählfaden
Seit der Antike stehen geflochtene und verwobene Fäden als Metapher für das Erzählen.
Das Wort „Text“ kommt vom Lateinischen textere, was übersetzt weben oder flechten heißt. Wir sprechen von Textur, wenn wir die Oberfläche eines Stoffes beschreiben wollen.
Ein Netz, ein Gewebe oder regelmäßig aneinandergereihte Maschen können bildhaft mit einem Erzähltext verglichen werden, in dem viele Wörter am Ende ein bild ergeben. Gedankenfäden werden aus dem Kopf heraus gesponnen. Und wenn uns jemand zutextet, dann erzählt er uns zu viel.
Das Erzählen war auch eine beliebte Beschäftigung während der langwierigen und gleichförmigen Arbeit, die Fasergewinnung, Spinnen und Weben bedeutete. Vor allem das Spinnen in der abendlichen Spinnstube lud zum Geschichten erzählen und zum Gedankenaustausch ein. Der Erzählfaden riss wie der Spinnfaden nicht ab.
(Quelle: „Verflixt und Zugenäht-Textile Redewendungen gesammelt und erklärt“; Susanne Schnatmeyer, Berlin)